Germanistische Kompetenzen als Sprungbrett in den Journalismus: Korinna Hennig im Portrait
Von Tamara Austmann und Belinda Grube.
Ein Vortrag wie frisch aus dem Studio: Ohne jegliches Stocken und mit fester Stimme erzählt Korinna Hennig frei über ihren Beruf. So klar strukturiert wie sie berichtet, berichtet sie sonst ganz Norddeutschland, denn Hennig arbeitet als Redakteurin im Bereich Wissenschaft und Bildung beim NDR. Ihren heutigen Beitrag sendet sie jedoch zur Abwechslung nicht live aus dem Tonstudio, sondern präsentiert ihn vor der Kamera. „Ich stehe gar nicht so gerne live auf der Bühne und vor Publikum“, gibt sie gleich zu Beginn zu. Davon merkt man aber nichts. Sie zieht die Teilnehmer:innen mit einem detaillierten Vortrag ganz in ihren Bann – auch wenn sie heute leider nur als Zoom-Kachel auf dem Bildschirm zu sehen ist. Unterstützt von einer Powerpoint-Präsentation und kurzen Videoausschnitten lässt sie die eine oder andere Anekdote einfließen, während sie Einblick in ihren erfolgreichen Werdegang gibt.
Das Germanistikstudium als Wegbereiter
Als Wissenschaftsredakteurin beim NDR setzt sich Hennig primär mit den Naturwissenschaften auseinander. Deshalb sieht sie sich als eine Art Quereinsteigerin, denn studiert hat sie die Fächer Journalistik, Geschichte und Germanistik. „Germanistik wollte ich eigentlich gar nicht studieren“, gibt sie zu und lacht: “Schließlich sind auch meine Eltern Germanist:innen, und es ist nie besonders cool, das Gleiche zu machen wie die Eltern.” Das Germanistikstudium, so Hennig, habe ihr jedoch viele Fähigkeiten mit auf den Weg gegeben, auf die sie heute noch zurückgreift. Besonders die Mischung aus Kreativität und akribischer Textarbeit sei das Einmaleins für qualitativ hochwertigen Journalismus. „Textarbeit heißt immer auch, sich zu fragen, wie ein Text wirkt und in welchem konkreten Kontext er steht. Das steigert die Qualität der Radiobeiträge.“
Zur journalistischen Arbeit gehört zudem ein differenzierter Blick für sprachliche Feinheiten. “Allein in der Wortwahl täglicher Meldungen finden sich oft Fehler und Klischees”, sagt Hennig und ergänzt selbstironisch: „Journalist:innen neigen gerne zu billigen Alliterationen oder Effekten. Dabei sind mittlerweile viele Wendungen schon total abgegriffen: Im Winter klirrt die Kälte immer. Beim Weihnachtsmarkt ist Budenzauber. Viele Dinge werden in Fußballfelder oder Badewannen umgerechnet.“ Die Journalistin klammert sich hier selbst gar nicht aus. Vielmehr zeigt sie, dass man eigene Schwächen auch mit Humor reflektieren kann. Manchmal, wenn Hennig mit ihren Eltern Radio hört, spielen sie “Bullshitbingo”. Für das Erkennen abgegriffener Floskeln kann man bei diesem Spiel Punkte sammeln. Der germanistisch-kritische Blick kann offenbar viel Spaß bringen und lässt sich in der Freizeit kaum mehr ausschalten: “Einmal Germanistin, immer Germanistin.”
Journalismus in Zeiten von Corona
Während der Pandemie konnte Hennig ihre journalistische Arbeit um ein weiteres Medium erweitern. Der von ihr und Katharina Mahrenholtz entwickelte und moderierte Podcast „Coronavirus-Update“, der kurz vor dem ersten Corona-Lockdown im Jahr 2020 an den Start ging, wurde schnell zu einer wichtigen Informationsquelle bundesweit. Nicht zuletzt deshalb gewann er sogar den „Grimme-Online Award“ sowie den renommierten “Holtzbrinck-Preis”. Noch im selben Jahr schloss sich ihm der neue Wissenschaftspodcast „Synapsen“ an, den Hennig ebenfalls selbst mit ins Leben gerufen hat.
“Was ich vor allen Dingen durch die Podcasts und in der Pandemie gelernt habe, ist, dass Journalist:innen mitunter zum Framing neigen. Das heißt, man gibt den Wörtern bestimmte Konnotationen mit, was auch gerne mal unbewusst passiert. Auch mir!”, betont Hennig. “Und das führt oft zu Missverständnissen bei den Zuhörer:innen. Man lernt eben auch nach dem Studium noch dazu.”
An das Germanistikstudium hat Hennig im Übrigen gute Erinnerungen. „Das war eine schöne Zeit, die ich sehr genossen habe.“ Zugleich sammelte sie „einen ganzen Bauchladen“ voll Praktika. Ob sie im Nachhinein ihre Studienwahl geändert hätte? Die Antwort ist ein klares Nein. Mikrobiologie oder Jura als Zweitstudium jedoch reizt sie noch heute. Typisch für die Neugierde einer echten Journalistin!
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