Lektorat: „Ein Traumjob, aber nicht für jeden“

Germanistik im Beruf: Workshop im Wintersemester. (Foto: Carsten Vogel)

Von Hannes Busch und Kolja Poldner.

Für den Workshop zum Thema Lektorat waren zwei Gäste eingeladen, die über ihren Arbeitsalltag berichteten: Julia Ditschke, freie Lektorin, und Stephanie Kratz, festangestellte Verlagslektorin bei Kiepenheuer & Witsch. Aus ihren unterschiedlichen Perspektiven ergab sich ein vielseitiges Bild dieses Berufsfeldes.

Julia Ditschke kennt sich in der Buchbranche gut aus. Denn neben ihrer Tätigkeit als freie Lektorin arbeitet sie auch als Autorin, Ghostwriterin sowie Projektmanagerin. In der Vergangenheit hat sie sogar einen eigenen Verlag gegründet und geleitet. Ihren Arbeitsalltag beschreibt Ditschke als “oft nicht planbar”, weswegen Flexibilität vonnöten sei: „Um fristgerecht fertig zu werden, müssen auch schon mal Nachtschichten sein.“ Ditschke dient dabei als Vermittlerin zwischen Verlag und Autor, mit denen sie in ständigem Austausch steht. Sehr wichtig für freie Lektor*innen ist Networking, da sie sich ihre Kunden selber suchen müssen.

Stephanie Kratz hingegen ist als festangestellte Lektorin stärker an der Initiation und Organisation von Buchprojekten beteiligt. “Wir sind die Programmmacher.” Nur 20 Prozent des Berufs sind Textarbeit. In die restliche Zeit fällt das Sichten von Manuskripten, die Betreuung von Autor*innen, Pressearbeit und die Vermittlung zwischen den Abteilungen. “Kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren”, bringt Kratz ihre Tätigkeit auf den Punkt. Überstunden gehören auch im Verlag zum Alltag. Die machen manchmal sogar Spaß: “Man muss auch mal mit ‘nem Autor bis um fünf Uhr morgens Whisky trinken können.”

  • Julia Ditschke referiert zum Thema "Freies Lektorat" im Rahmen des Germanistk-im-Beruf-Workshops. (Foto: Carsten Vogel)

“Eine Reise voller verschlungener Pfade”

Über die wichtigsten Kompetenzen, die ein*e Lektor*in mitbringen sollte, sind sich die Gäste einig. Es braucht vor allem Sorgfalt im Umgang mit Texten – den Blick fürs Detail. Ein übertriebener Perfektionismus kann dabei zu Zeitproblemen führen. “Is’ mir egal! Ich lass’ das jetzt so”, lautet das Motto, mit dem sich jede*r Lektor*in früher oder später anfreunden sollte. Aber auch Empathie und Diplomatie im Umgang mit Autor*innen sind gefragt, schließlich investieren jene viel Herzblut in ihre Texte. „Konfliktfähigkeit ist wichtig, weil man als Vermittlerin schon mal in die Schussbahn geraten kann“, meint Ditschke und betont: “Als freie Lektorin ist man seine eigene Chefin. Selbständigkeit funktioniert nur mit Selbstdisziplin und Organisationstalent.” Wer für einen Verlag auf Autor*innensuche geht, muss laut Stephanie Kratz ein Gespür für das Zeitgeschehen haben. Das bedeutet: fernsehen, soziale Medien verfolgen und Zeitung lesen. Ohne vielseitige Interessen werde man sonst keine Ideen für erfolgreiche Bücher entwickeln können.

“Wer Lektorin werden will, muss sich auf eine Reise voller verschlungener Pfade einstellen.” Den einen Weg zu diesem Ziel gibt es nicht, sind sich Julia Ditschke und Stephanie Kratz einig. Ein Germanistik-Studium sei in jedem Fall ein guter erster Schritt. Für die Bewerbung auf das unerlässliche Volontariat braucht man in der Regel einen Master-Abschluss. Um erste Erfahrungen zu sammeln, empfiehlt es sich, zunächst Praktika und Fortbildungen zu machen. Gerade kleinere Verlage ermöglichen dafür einen unkomplizierten Einstieg. Für freie Lektor*innen ist es wichtig, mit einer gehörigen Portion Eigeninitiative an Verlage heranzutreten, um für sich und die eigene Arbeit zu werben. Wenn man hingegen eine Festanstellung im Lektorat anstrebt, kann sich der Umweg über eine Mitarbeit in anderen Verlagsabteilungen durchaus lohnen. Auf diese Weise hat man bereits einen Fuß in der Tür und somit größere Chancen, in das Lektorat zu wechseln. Gegenüber der Belletristik bietet das Sachbuchlektorat bessere Aussichten auf eine erfolgreiche Bewerbung für Volontariate und Praktika.

Die Leidenschaft der beiden Lektorinnen für ihren Beruf war im Workshop spürbar. Gemeinsam mit Autor*innen Bücher zu verwirklichen, sei ein regelrechter “Traumjob – wenn auch nicht für jeden”, resümierte Kratz. “Obwohl meine Arbeit nicht selten stressig ist”, stimmte Ditschke ihrer Kollegin zu, “ist sie gleichzeitig wahnsinnig schön.”

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