Bibliotheken und Archive: Viola Voß und Ariane Ludwig über ganz individuelle Wege in den Beruf

Die Leidenschaft und der Enthusiasmus der beiden Referentinnen, Ariane Ludwig und Viola Voß, sind selbst online spürbar (Foto: Carsten Vogel).

Von Malin Helbing.

Ein digitaler Workshop ist in Corona-Zeiten nicht wirklich etwas Neues. Videokonferenzen sind für Studierende der Reihe „Germanistik im Beruf“ längst Routine. Aber auch die beiden Workshop-Gäste, die das Berufsfeld „Bibliotheken und Archive“ vorstellen, haben sich schon voll und ganz auf digitale Kommunikation eingestellt. Zugeschaltet sind Viola Voß von der Universitäts- und Landesbibliothek Münster und Ariane Ludwig vom Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar. Ludwig hat Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Lateinische Philologie in Mainz, Voß Romanistik, Allgemeine Sprachwissenschaft und Germanistik in Münster studiert.

Goethes Tagebücher edieren – eine Herausforderung

Ludwig ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Goethe- und Schiller-Archiv. Dort werden vier große Goethe-Ausgaben erarbeitet, darunter die historisch-kritische Ausgabe von Goethes Tagebüchern und die seiner Briefe. Die bisher publizierten Bände dieser Ausgaben sowie die künftig erscheinenden Bände werden im Rahmen des Propyläen-Projekts, bereichert um die Digitalisate der Handschriften, sukzessive in eine digitale Forschungsplattform überführt. Gemeinsam mit einem kleinen Team ist Ludwig zuständig für die Edition der Tagebücher, die Goethe über einen Zeitraum von 57 Jahre lang geführt hat und die rund zehn Prozent seines literarischen Nachlasses ausmachen.

„Der Großteil meiner Arbeit besteht im Recherchieren für bzw. im Verfassen von Erläuterungen zu Tagebucheinträgen“, erzählt Ludwig. Zwar seien die Tagebücher bereits zwischen 1888 und 1903 in der Weimarer Ausgabe von Goethes Werken vollständig publiziert worden. „Aber nahezu ohne Erläuterung! Die neue Edition bietet dagegen ausführliche Kommentare auf der Basis unveröffentlichter Quellen und aktueller Forschungsliteratur.“ Man merkt Ludwig an, wie überzeugt und begeistert sie von ihrer Tätigkeit ist – und das, obwohl das Edieren überaus anstrengend sein kann: „Bis ein Doppelband, d.h. ein Text- und ein Kommentarband, im Druck erscheint, vergehen üblicherweise einige Jahre, weil das Transkribieren der Handschriften und das Erläutern der Texte auch aus unzähligen, sorgfältig und konzentriert durchzuführenden Arbeiten an kleinsten Details bestehen.“

Man merkt Ariane Ludwig bei ihrem Vortrag an, dass sie begeistert von ihrer Tätigkeit ist (Foto: Carsten Vogel).

„Ich sehe Bibliotheken aus zwei Perspektiven“, erzählt Viola Voß im zweiten Teil des Workshops, „schließlich bin ich Sprachwissenschaftlerin und wissenschaftliche Bibliothekarin!“ Mit einer PowerPoint-Präsentation veranschaulicht sie die Struktur der ULB, um dann auf Anschaffungsvorschläge und neu erschienene Bücher  einzugehen, die sie als Fachreferentin täglich bearbeitet. „Neben solchen Routinetätigkeiten gibt es auch immer wieder die Möglichkeit, an Fortbildungen und Tagungen teilzunehmen.“

Fast beiläufig macht Voß auf ihren Twitter-Account und das „FachBlog“ der ULB aufmerksam, das sie regelmäßig updatet. „Die Arbeit in der Bibliothek kann man sehr vielfältig gestalten,“ bemerkt sie augenzwinkernd. Aufgrund dieser Vielfalt und Komplexität ihres Aufgabenbereichs steht für Voß Organisation als Tätigkeit ganz vorne: „Es ist wichtig, sich selbst, aber auch andere zu organisieren. Man muss Aufgaben gut planen und ein gutes Zeitmanagement haben.“ Viele Langzeitprojekte und -aufgaben wie zum Beispiel die Einführung neuer Aufstellungssystematiken in einigen Institutsbibliotheken oder das Thema Open Science müssen außerdem über Jahre hinweg betreut werden. „Da hilft es, wenn man den Überblick behält.“

Viola Voß gewährt Einblicke in ihre Arbeit an der ULB Münster – und in ihr Heimbüro (Foto: Carsten Vogel)

Mit Geduld und Begeisterungsfähigkeit zum eigenen Weg

Die Leidenschaft und der Enthusiasmus der beiden Referentinnen sind selbst online spürbar. Entsprechend gut ist die Atmosphäre. Aber was kann man tun, wenn man ebenfalls in Bibliothek oder Archiv arbeiten möchte? Voß regt an, auf den Homepages der ULB und der Institutsbibliotheken der eigenen Studienfächer regelmäßig nach Ausschreibungen für studentische Hilfskräfte Ausschau zu halten oder nach dem Studienabschluss über Projektstellen den Einstieg ins Bibliothekswesen zu versuchen. Ludwig empfiehlt u.a. Praktika und weist auf die Seite der Klassik Stiftung Weimar hin, wo man Infos zur Bewerbung finden kann. Fest steht, dass man für beide Bereiche grundlegende Kompetenzen und Eigenschaften benötigt, zum Beispiel Geduld, historisches Wissen und Sprachgefühl. Und natürlich Begeisterungsfähigkeit.

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