Wissenschaft jenseits von Lehre und Forschung: Leonie Windt übers Wissenschaftsmanagement
Von Maria Niehues und Anna Schücker.
„Wenn ich zu leise spreche, dann melden Sie sich bitte.“ Das sind die Worte, mit denen Leonie Windt ihren Vortrag beginnt. Doch es ist nicht nötig, dass jemand aufzeigt: Ihrer ruhigen Stimme hört man gerne interessiert und aufmerksam zu.
Universität und Wissenschaft ohne Forschung – gibt es das? Das ist die Frage, der Windt beim Workshop “Germanistik im Beruf” nachgeht. Die Antwort lautet: ja, und zwar mit Wissenschaftsmanagement. „ Dass ich mal in diesem Bereich tätig sein werde, hätte ich während meines Studiums nicht gedacht“, sagt Windt lachend. Wissenschaftsmanager:innen kümmern sich an der Uni darum, dass qualifikationsorientierte Forschung reibungslos funktioniert, ohne selbst in der Forschung tätig zu sein. Sie sind eine wichtige Brücke zwischen Wissenschaft und Verwaltung.
Windts Weg zum Wissenschaftsmanagement
Bereits im Bachelor der Anglistik machte Windt eine einschneidende Erfahrung: ein Aufenthalt im englischen Canterbury. „Dabei habe ich weniger die fachlichen Inhalte in Erinnerung, sondern wie gut sich das International Office vor Ort um uns gekümmert hat. Und ich habe mich gefragt, ob es sowas auch in Deutschland gibt.“ So fand sie Die Brücke, das internationale Zentrum der Universität Münster, an dem sie dann eine Zeitlang als studentische Hilfskraft tätig war. “Die Vermittlungs- und Organisationsaufgaben, für die ich dort verantwortlich war, haben mir sehr gut gefallen. Ich hätte mir vorstellen können, in dem Bereich zu bleiben.” Trotzdem entschied sie sich erstmal für die wissenschaftliche Laufbahn. Grund dafür war auch, dass sie mittlerweile eine Stelle als Wissenschaftliche Hilfskraft am Englischen Seminar hatte und sich somit eine Möglichkeit für eine Promotion ergab. “Ich dachte, zu promovieren macht bestimmt Spaß“, sagt sie lachend.
Ihre Dissertation hat Windt gerade mal neun Tage vor Ablauf der im Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZVG) vorgesehenen Frist verteidigt: „Dass das so knapp war, lag daran, dass ich in meiner Promotionszeit viel Anderes um die Ohren hatte.“ Zum Beispiel geht sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin verschiedenen verwaltungstechnischen Tätigkeiten nach und macht zusätzlich eine Fortbildung, um sich als Wissenschaftsmanagerin zu professionalisieren. Schnell wird klar: Das wird auf Dauer zu viel.
Nah dran an der Wissenschaft
Doch wie soll es weitergehen? Windt wird immer klarer, dass es nicht unbedingt eine wissenschaftliche Karriere sein muss: “Für die finanzielle Sicherheit, also die Aussicht auf eine unbefristete Stelle, und die Freude an Verwaltungs- und Organisationsaufgaben habe ich gern auf eigene Forschung und Lehre verzichtet.“ Das führt sie automatisch zum Wissenschaftsmanagement, wo sie heute arbeitet: Am Zentrum für Promovierende und Postdocs (ZePrOs) der Universität Osnabrück berät Windt Promovierende und Promotionsinteressierte. Ihre Aufgaben reichen von der Vermittlung bei Problemen mit den Doktoreltern bis hin zur Organisation von Mentoring-Programmen. Auch Anglistikstudium und Promotion zahlen sich aus: “Bei der Vielseitigkeit meiner Arbeit kommen mir meine wissenschaftlichen Kompetenzen zugute. Außerdem bin ich als Promovierte näher an den Personen dran, mit denen ich täglich zu tun habe.” Und Windt ergänzt: “Auch wenn man eine höhere Position, zum Beispiel eine Abteilungsleitung in der Hochschulverwaltung möchte, kommt einem der Doktor:innentitel zugute.”
“Das Berufsfeld Wissenschaftsmanagement wird immer größer”: Vier Fragen an Leonie Windt
Von Indra Feldhaus.
Frau Windt, wie war denn Ihre Promotionszeit?
Die Arbeit an der Dissertation, also das literaturwissenschaftliche Arbeiten, hat mir sehr viel Spaß bereitet. Deshalb habe ich es auch nie aufgegeben, selbst wenn es Zeiten gab, in denen ich darüber nachgedacht habe, wie sinnvoll es überhaupt ist zu promovieren. Aber dann habe ich mich mit dem Thema Qualifikation noch einmal genauer auseinandergesetzt und entschieden, dass sich eine Promotion lohnt.
Wie wichtig war der Kontakt zu anderen Promovierenden für Sie?
Es war auf jeden Fall wichtig, immer wieder mit anderen ins Gespräch zu kommen. Auch andere Promovierende haben sich gefragt, ob die Arbeit an der Dissertation die Mühe wirklich wert ist. Weil ich außerdem dazu tendiere, perfektionistisch zu sein, war es gut, sich mit pragmatisch denkenden Leuten auszutauschen. Diese machten mich darauf aufmerksam, dass die Diss. für die Publikation ohnehin noch überarbeitet wird. Man kann sich also ruhig erstmal darauf fokussieren, dass man sie endlich fertig bekommt.
Als Referentin für Nachwuchsförderung beraten Sie heute Promovierende an der Universität Osnabrück. Wurden Sie schon einmal mit einem Problem konfrontiert, bei dem Sie nicht weiterhelfen konnten?
Ich bin noch nicht so lange in dem Job, deswegen ist mir das bisher noch nicht passiert, aber ich bin auf den Fall vorbereitet. Wir haben mit der psychosozialen Beratungsstelle ein sehr enges Netzwerk an der Uni Osnabrück. Bei schwierigen Konflikten zwischen Promovierenden und Doktoreltern können Ombudspersonen helfen. Außerdem gibt es eine Liste mit Institutionen, auf die ich verweisen kann.
Was kann man während des Studiums tun, wenn man sich für das Wissenschaftsmanagement als Berufsperspektive interessiert?
Ich rate auf jeden Fall dazu, sich auf studentische oder wissenschaftliche Hilfskraftjobs zu bewerben – auch wenn die eher schlecht bezahlt werden. Nicht zu vergessen, ist die Universität ja auch eine wichtige Arbeitgeberin: Warum sich also nicht an der Uni für ein Praktikum bewerben? Im Zweifelsfall also einfach mal nachfragen. Ansonsten gibt es mittlerweile viele spezielle Weiterbildungsangebote zum Wissenschaftsmanagement. Das ist ein Berufsfeld, das immer größer und wichtiger wird!
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