Wenn Lehrer:innen lernen müssen: Judith Asmacher und Günter Islinger über das Projekt DaZ-Schule

Judith Asmacher und Günter Islinger sind ein eingespieltes Team (Foto: Carsten Vogel

Von Jolanda N. Karakus und Nurhan Atabey.

Während Judith Asmacher von ihrem Herzensprojekt erzählt, nickt ihr Kollege Günter Islinger zustimmend. „Auch ich bin stolz darauf, das Projekt DaZ-Schule mit aufgebaut zu haben“, sagt Islinger. Das eingespielte Team hat sich zur Aufgabe gemacht, Lehrer:innen auf die Möglichkeiten, aber auch auf die Herausforderungen einer mehrsprachigen Schulklasse vorzubereiten.

Islinger selbstbewusst: „Die Beherrschung des Deutschen ist die Voraussetzung für eine gelungene Integration.“ Und Asmacher fügt hinzu: „Sprache ist das Fundament – egal, ob man am Arbeitsmarkt teilnehmen will oder ein kultureller Austausch stattfinden soll.” Beide begleiten das Projekt seit vielen Jahren als wissenschaftliche Mitarbeiter:innen, Islinger sogar von Anfang an. 

Helfen heißt verstehen: Wege zur Mehrsprachigkeit

Das Projekt DaZ-Schule – DaZ steht für „Deutsch als Zweitsprache” – ist 2016 im Zuge der Fluchtbewegungen vor allem aus Syrien entstanden. Damals, als Kinder in die Schule kamen, die kein Wort Deutsch sprachen, herrschte große Ratlosigkeit in Fragen der Integration im Bildungskontext. Darauf waren viele Lehrkräfte schlichtweg nicht vorbereitet, denn eine qualifizierte Ausbildung haben sie dafür nie erhalten. Für Abhilfe sollten mehr als sechs Millionen Euro sorgen, mit denen das Wissenschaftsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen die Weiterbildungsinitiative Deutsch als Zweitsprache ins Leben gerufen hat. Die Initiative, an der elf lehrerbildende Hochschulen beteiligt sind, wurde 2019 um weitere drei Jahre mit derselben Fördersumme verlängert. Im Jahr 2022 wurde eine weitere Verlängerung bis Ende 2023 beschlossen. Das Projekt DaZ-Schule an der WWU Münster ist dem Centrum für Mehrsprachigkeit und Spracherwerb (CEMES) zugeordnet. 

DaZ-Schule ist ein berufsbegleitendes Weiterbildungsangebot mit dem Ziel, Lehrer:innen zu befähigen, neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen die deutsche Sprache zu vermitteln und (Fach-)Unterricht sprachsensibel zu gestalten. Den Lehrkräften sollen also didaktische Methoden an die Hand gegeben werden, um kompetent Unterricht in mehrsprachigen Schulklassen zu gestalten Dabei ist dem Weiterbildungsteam der Theorie-Praxis-Transfer besonders wichtig. So wird z.B. im Laufe eines Schulhalbjahres gemeinsam Unterrichtsmaterial entwickelt und diskutiert. „Weiterbildung bedeutet aber nicht nur Qualifikation”, erläutert Asmacher, „sondern auch gemeinsamer Austausch zwischen Lehrer:innen.” Islinger unterstreicht: „Wir helfen dabei, über möglichst individuelle Sprachförderung neu zugewanderten Schüler:innen Halt zu geben.”

Judith Asmacher erläutert, warum Sprache der Schlüssel zur Integration ist (Foto: Carsten Vogel).

Weitere Finanzierung des Projekts steht in Frage 

Obwohl das Projekt noch bis Ende 2023 verlängert wurde, steht es möglicherweise vor dem Aus, weil das Wissenschaftsministerium voraussichtlich keine Mittel mehr zur Verfügung stellen wird. „Aus unserer Sicht wäre es fatal, wenn das Projekt nicht fortgesetzt werden könnte”, erklärt Islinger. Zwar gibt es in NRW mittlerweile das Modul „Deutsch für Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte“, das für alle Lehramtsstudierenden verpflichtend ist, aber davon profitieren die Lehrer:innen nicht, die schon längere Zeit im Beruf stehen. Insbesondere in den letzten Jahren ist der Bedarf an DaZ-Weiterbildungen stark angestiegen.  Islinger erwähnt den Krieg in der Ukraine, aber auch zuwandernde Menschen aus afrikanischen Ländern, über die im Augenblick in den Medien weniger berichtet werde. Außerdem gehe es nicht nur um neu zugewanderte junge Menschen: „ Auch in Deutschland geborene Kinder mit Deutsch als Zweitsprache, aber zunehmend auch mit Deutsch als Erstsprache, benötigen oft Unterstützung durch Lehrkräfte mit Kompetenzen im Bereich DaZ.“

Wie aber sähe die berufliche Zukunft von Judith Asmacher und Günter Islinger aus, wenn das Projekt tatsächlich nicht weiter gefördert würde? Die studierte Germanistin und Anglistin Asmacher würde auf jeden Fall weiterhin im DaZ-Bereich tätig bleiben. „Mir gefällt die Arbeit sehr, daher könnte ich mir vorstellen, selbst als Sprachlehrkraft z.B. im Grundschulbereich zu arbeiten.“ Auch der Romanist Islinger würde gerne im DaZ-Bereich weiterarbeiten, vorzugsweise an der Uni, alternativ aber auch in anderen Feldern der Erwachsenenbildung, zum Beispiel an der Volkshochschule.


Zur Person:

Günter Islinger absolvierte sein Lehramtsstudium an der Universität Regensburg in den Fächern Spanisch und Französisch. Danach arbeitete er u.a. an einer kolumbianischen Universität im Bereich Deutsch als Fremdsprache und an der WWU Münster als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem Projekt zur Sprachförderung für geflüchtete Kinder und Jugendliche. Im Lehrerfortbildungsprojekt DaZ-Schule ist er von Beginn an (2016) tätig.

Judith Asmacher hat Germanistik und Anglistik studiert. Ihr Master-Studium schloss sie an der Universität Leipzig im Fachbereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache ab. Nach Auslandstätigkeiten im Bereich der Sprachvermittlung und -forschung war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Leipzig, Essen und Münster beschäftigt. Bei DaZ-Schule arbeitet sie seit 2020.

Print Friendly, PDF & Email