“Ich habe bei null angefangen“ – Susanne Schulte über die GWK und Öffentlichkeitsarbeit im Internetzeitalter
Von Emely Kolodziej und Verena Meyer.
Eine ungewöhnliche Begegnung: Normalerweise berichten Gäste, die zu “Germanistik im Beruf” eingeladen sind, direkt im Seminarraum über ihren beruflichen Werdegang. Wegen der Corona-Situation kann man nun per Videokonferenz direkt in das private Arbeitszimmer einer Frau “zoomen”, die nicht nur Kulturschaffenden hilft und sie fördert, sondern auch Kultur lebt.
Es begann bei Sotheby’s
“GWK, was soll das sein?” – Sätze wie diese musste sich Susanne Schulte zu Beginn ihrer Tätigkeit oft anhören. Als sie 1995 die Leitung der Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Kulturarbeit e.V. – kurz: GWK – übernahm, begann sie praktisch bei null. „Außer zwei wenig professionell durchgeführten Förderpreisen gab es eigentlich nichts, zwar eine allgemeine Satzung darüber, dass man in Westfalen-Lippe Kunst und Kultur fördern wolle, aber keine wirklich konkreten Vorstellungen darüber, was und wen und wie man fördern sollte – und auch kein Geld dafür. Die Herausforderung war groß“, erinnert sich Schulte. Schwer vorstellbar, dass sich unter diesen Voraussetzungen die GWK zu der prominenten Anlaufstelle für junge, aufstrebende Künstler*innen entwickeln sollte, die sie heute ist.
Die Geschichte der GWK beginnt 1955. In diesem Jahr ersteigerte der damalige Kustos des Westfälischen Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte in Münster (heute: LWL-Museum für Kunst und Kultur) ein Gemälde des münsterschen Renaissancemalers Hermann tom Ring bei Sotheby’s in London. Nach heftigem Bieterwettstreit überstieg der Kaufpreis allerdings die zur Verfügung stehende Summe erheblich. Der Kustos kaufte das Bild trotzdem – und musste daraufhin bei westfälischen Unternehmen die fehlenden Mittel einwerben. Er bekam mehr Geld, als er benötigte, und kaufte umgehend zwei weitere Bilder, diesmal von Ludger tom Ring, dem Vater Hermanns. Als danach noch immer ein stattlicher Betrag übrig war, gründete er damit im Winter 1956/57 den gemeinnützigen Verein „Gesellschaft zur Förderung der westfälischen Kulturarbeit“.
Auch heute muss die Geschäftsführerin der GWK das Geld, das sie für Förderzwecke ausgibt, bei Spendern, Mäzenen und Sponsoren einwerben. Daneben tragen die Beiträge und Spenden der GWK-Mitglieder zum Jahresbudget der Fördergesellschaft bei. Gefördert werden vielversprechende junge Künstlerinnen aus Westfalen-Lippe, Schriftsteller*innen, klassische Musiker*innen und bildende Künstler*innen, und zwar durch GWK-Förderpreise, aber auch durch Einladungen zu Festivals, Lesungen und Konzerten im Geschäftsgebiet der GWK oder darüber hinaus.
Auf die Frage nach der Relevanz ihres Doktortitels für ihre Arbeit antwortet Susanne Schulte, dass er ihr gewiss auch beim Einwerben finanzieller Mittel helfe: „Ich glaube, mit Titel hat man es in der Unternehmenswelt etwas leichter, zumindest beim ersten Kennenlernen.“ Schulte, die neben Germanistik auch Philosophie, katholische Theologie und Kunstgeschichte in Münster studiert hat, promovierte 1992 mit einer Arbeit über den Lyriker und Hörspielautor Günter Eich.
“Fördern mit Leidenschaft”
Doch um Menschen auf sich aufmerksam zu machen, braucht es nicht nur ein Studium oder einen akademischen Titel, sondern auch eine durchdachte Öffentlichkeits- und Pressearbeit. Von Plakaten über Programmhefte bis zu Flyern und dem regelmäßig erscheinenden Mitgliederbrief: Alles muss adressatenorientiert und aufeinander abgestimmt sein. Ebenso wichtig wie die Druckerzeugnisse sind die Auftritte im Internet. Hier bedient die GWK die für ihre Zwecke wichtigsten Kanäle. „Natürlich haben wir eine GWK-Homepage, darüber hinaus aber separate Websites für unsere größeren Projekte, z. B. das internationale Holzbläserfestival „Summerwinds Münsterland“ oder unser CD-Label „GWK Records„. Und selbstverständlich bespielen wir Facebook und Instagram und verschicken einen Newsletter an Mitglieder und Interessierte. Es ist sehr viel Aufwand, all diese Kanäle zu füttern – ohne dass man die Wirkung dieser Arbeit wirklich evaluieren könnte. Doch man muss sie machen.“
Susanne Schulte hat sich durch ihr Studium ein breites Wissen über Kunst und Kultur angeeignet, ein Wissen, das sie durch ihre berufliche Tätigkeit natürlich noch immer weiter ausbaut. Ist sie mittlerweile auch zum absoluten Profi in Sachen Werbung und Öffentlichkeitsarbeit geworden, so fehlte ihr doch in den Anfangstagen bei der GWK die kaufmännische Praxis. Da sie allerdings aus einer Kaufmannsfamilie stamme und im Betrieb ihrer Eltern als Kind und Jugendliche häufig habe mithelfen müssen, sei ihr das Geschäftliche nicht fremd. „Aber mein Lebensinhalt könnte das bloß Kaufmännische niemals sein. Es steht für mich ganz klar im Dienst einer Sache: der Kunst und der Förderung junger Künstler*innen. Nur dann macht es mir Spaß.“ Abschließend gibt Schulte noch eine dringende Empfehlung, die man aus dem Munde von Berufspraktiker*innen eher selten hört: “Im Beruf hat man für das Lesen fast gar keine Zeit mehr. Deshalb sollte man so viel wie möglich im Studium lesen. Überhaupt sollte man viel mehr Wert auf die fachlich-akademischen Inhalte des Studiums legen.”
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