„Mich hat es immer nach draußen in die Praxis gezogen“: Annette Lepschy über ihren Beruf als Kommunikationstrainerin 

Annette Lepschy erzählt von ihrem ungewöhnlichen Lebensweg (Foto: Carsten Vogel).

Von Jenny Kahlert

Annette Lepschy sitzt konzentriert auf ihrem Stuhl, die Beine nach hinten überkreuzt, die Hände gefaltet. Als sie anfängt zu erzählen, lösen sich ihre Hände, ihre Gestik wird lebhaft. Sie spricht darüber, wie sie während des Germanistikstudiums die Sprecherziehung für sich entdeckt, später ihr eigenes Trainingsinstitut gegründet hat und schließlich zum „Centrum für Rhetorik, Kommunikation und Theaterpraxis” (CfR) an der Universität Münster gekommen ist. „Ich spreche sehr gerne über mein Leben, es war ja auch ein ungewöhnlicher Weg für eine Germanistin“, sagt Lepschy.

Ungewöhnlich, weil sie dem Studium eher wenig abgewinnen konnte. „Ich habe Germanistik und Katholische Theologie in Münster studiert und beides zunächst als dröge empfunden. Ich fühlte mich einfach nicht wirklich gefordert.“ Dieser Eindruck ändert sich, als sie im Rahmen des Lehramtsstudiums ein Seminar am damaligen Lektorat für Sprecherziehung absolvieren muss – und dort die Sprechwissenschaft für sich entdeckt. „Ich habe mich einfach sofort wohlgefühlt“, erzählt Lepschy, und während sie spricht, sprechen ihre Hände mit. Es ist die enge Verbindung zwischen Theorie und Praxis, die sie an diesem Bereich so fasziniert. Parallel zu ihrem Lehramtsstudium absolviert sie das Zusatzstudium Sprecherziehung/Sprechwissenschaft am Lektorat für Sprecherziehung und an der Universität Duisburg und legt vor der Deutschen Gesellschaft für Sprechwissenschaft und Sprecherziehung (DGSS) die Prüfung zur Sprecherzieherin ab – „das Beste, was mir passieren konnte“, sagt Lepschy begeistert. Schon bald bietet sie Stimmtrainings und Rhetorikseminare an. Auch in ihrer anschließenden Dissertation an der Hochschule in Duisburg setzt sie mit dem Thema „Das Bewerbungsgespräch“ den Fokus auf die Praxis.

Frei Sprechen mit den fünf A’s

Während der Promotion arbeitet sie am münsterischen Studieninstitut für Kommunale Verwaltung und gibt dort Seminare rund um das Thema Soft Skills in Sachen Kommunikation. Dazu zählen unter anderem Rede- und Präsentationstechniken, Gesprächsführung mit schwierigen und teilweise aggressiven Bürger:innen oder auch Führungskräfteschulungen und -Coachings. Und auch in dieser Zeit zieht es Lepschy raus in die Praxis: Sie hospitiert bei der Landwirtschaftskammer und begleitet Kontrollen auf Höfen, um dort konfliktbehaftete Gesprächssituationen zu beobachten. „Ich bin da einfach mal mitgefahren, denn ich wollte ein Gespür dafür entwickeln, wie es sich vor Ort anfühlt, und auch, wie man in solchen Situationen auf die Menschen eingeht.“

Neben solchen Beispielen aus der Berufspraxis veranschaulicht Lepschy, wie man sich darauf vorbereitet, vor einem größeren Publikum zu sprechen. Dafür steht sie auf: „Man nennt diese Methode die fünf A’s. Als erstes – ankommen, dann – anhalten.“ Aufmerksam lässt sie ihren Blick umherwandern, zeigt, dass sie jede:n einzelne:n ihrer Zuhörer:innen wahrnimmt. „Anschauen“, sagt sie und macht eine Pause. „Dann – ausatmen.“ Lepschy atmet aus. „Und – anfangen.“ Sie erläutert, dass sich Strategien wie diese auch in dem Lehr- und Arbeitsbuch Rhetorik der Rede finden, das sie gemeinsam mit Thomas Grießbach geschrieben hat und das in diesem Jahr in zweiter Auflage erschienen ist. 

Autorin, Dozentin, Unternehmerin

Aber Lepschy schreibt nicht nur Bücher und gibt Seminare, 1991 gründet sie außerdem gemeinsam mit ihrem Mann Wolfgang das Trainings- und Beratungsinstitut Lepschy & Lepschy GbR – eine Anlaufstelle für Unternehmen, Behörden und Institutionen, wenn es um die Planung und Durchführung erfolgreicher Kommunikation geht. Hier ist Lepschy als Kommunikationstrainerin tätig; darüber hinaus arbeitet sie seit 2005 am Centrum für Rhetorik und seit 2020 auch in der Sprachdidaktik des Germanistischen Instituts in Münster. „Das ist ganz schön viel”, gibt Lepschy zu. „Manchmal fällt es mir schon schwer, die Sachen zu koordinieren. Es hilft aber zu wissen, dass ich auch Aufgaben abgeben kann. Meine Mitarbeiterinnen habe ich weitgehend selbst ausgebildet, daher habe ich großes Vertrauen in sie.“ 

Was sollten angehende Sprechwissenschaftler:innen oder Sprecherzieher:innen eigentlich an persönlichen Voraussetzungen  mitbringen? Annette Lepschy zögert  nicht lange: „Sie sollten mutig, absolut neugierig und offen sein“, zumindest habe ihr das damals geholfen. „Mich hat es immer nach draußen ins Feld gezogen, weil es dort um das Leben ging. Hier kann ich Theorie unmittelbar in Praxis umsetzen, und dieser Aspekt bestimmt bis heute meine Arbeit.“