„Unsere Produktionen funktionieren wie ein Bilderbuch” – Elsa Weiland über ihre Arbeit in der Freien Szene, Vorbilder und Gesellschaftskritik

Elsa Weiland im Gespräch (Foto: Carsten Vogel).

Von Lisa-Marie Schönfeld.

Frau Weiland, Sie haben zunächst Psychologie studiert, bevor Sie zu Germanistik und Medienkultur gewechselt sind. Wie kam es zu dem Sinneswandel?

Elsa Weiland: Ich hatte schlicht nicht damit gerechnet, dass das Psychologie-Studium einen so hohen naturwissenschaftlichen Anteil hat. Das hat bei mir eine kleine Krise ausgelöst (lacht). Dann habe ich überlegt, an eine Kunsthochschule zu gehen, mich aber dagegen entschieden, um nicht zu sehr auf künstlerische Aspekte beschränkt zu werden. Aber ich lese immer noch gerne Bücher über Neuropsychologie, und dieses Wissen hilft mir auch bei der Arbeit am Theater, vor allem, wenn es ums Publikum geht.

Sind Sie mit der Entscheidung, nicht an eine Kunsthochschule zu gehen, noch immer zufrieden?

Weiland: Im Grunde schon. Natürlich ist es nützlich, eine fundierte künstlerische Ausbildung zu bekommen. Viele meiner Freunde und Bekannten, die an einer Kunsthochschule studiert haben, profitieren von dem Netzwerk, das sie sich dort aufgebaut haben. Im Germanistik-Studium hatte ich aber die Möglichkeit, mich stärker an meinen eigenen Interessen zu orientieren. Auch, wenn ich manchmal regelrecht kreativ werden musste, um Hausarbeitsthemen entsprechend anzupassen (lacht).

Wie sieht es in Ihrem Beruf mit der Freizeit aus?

Weiland: Wie viel Freizeit ich habe, hängt immer davon ab, in welcher Phase einer Produktion ich mich gerade befinde. Am Ende einer Produktion zum Beispiel habe ich sehr wenig Zeit für mich. Aber letztlich ist es ein Vorteil der Freiberuflichkeit, dass man sich die Zeit selbst einteilen kann. Manchmal bin ich total produktiv und manchmal bleibe ich einfach nur im Bett (lacht).

Welche sind Ihrer Meinung nach grundlegende Unterschiede zwischen der Arbeit am ,,offiziellen“ Theater und in der Freien Szene?

Weiland: Ich glaube, dass die Freie Szene in ästhetischer Hinsicht sehr viel offener und experimenteller sein kann. Diese Offenheit wird allerdings ein klein wenig begrenzt durch die Theaterhäuser, bei denen wir zu Gast sind. Sie entscheiden letztlich, ob ein Stück aufgeführt wird oder nicht. Und natürlich haben auch Förderinstitutionen einen gewissen Einfluss, weil sie bestimmen, ob sie ein Projekt finanzieren.

Im Jahr 2018 haben Sie das Theater-Kollektiv ,,Krux” mitbegründet. Auf der Webseite steht, Ziel dieser Gruppe sei es, „das Publikum zur Selbstermächtigung zu ermutigen”. Wie kann das konkret gelingen?

Weiland: Selbstermächtigung funktioniert dann am besten, wenn das Stück nicht zu viele Informationen vorgibt. Unsere Produktionen kann man sich eher wie Bilderbücher vorstellen. Aufgabe des Publikums ist es, die Bestandteile selbst zusammenzusetzen. Man kann sogar so weit gehen und das Publikum sein Erlebnis völlig selbstständig erschaffen lassen. Ein Beispiel sind Soundinstallationen, bei denen man als Zuschauer:in im Bühnenraum steht und sich mit verschiedenen Medien auseinandersetzt.

Kommen Sie in Ihrer Freizeit noch dazu, ins Theater zu gehen?

Weiland: Leider viel zu selten! Für mich ist das allerdings nicht nur eine Frage der Freizeit, schließlich gehört es zu meinem Job zu wissen, was gerade auf anderen Bühnen passiert. Oft kommt mir dabei mein „Theater-Macherinnen-Blick“ in die Quere – ich bin quasi ,,berufsverseucht”. Dann wird es anstrengend, weil ich mich nicht auf das eigentliche Erlebnis einlassen kann. Je weiter das Stück aber von meinen eigenen ästhetischen Ansprüchen entfernt ist, desto besser kann ich einfach nur Zuschauerin sein.

Zum Schluss: Wenn Sie sich eine Person aussuchen könnten, mit der Sie gerne einmal zusammenarbeiten würden, wer wäre das?

Weiland: (denkt nach) Pina Bausch, sofern sie von den Toten auferstehen könnte. Als ich mit 16 Jahren in einem ihrer Stücke getanzt habe, lebte sie leider schon nicht mehr. Aber die Ästhetik, die sich in ihrer Arbeit wiederfindet, ist ein Teil von mir geworden.

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