Politisch bilden mit Social Media: Shohreh Karimian über Extremismusprävention als Beruf

Shohreh Karimian erläutert den Studierenden ihren Arbeitsalltag (Foto: Carsten Vogel).

Von Ina Kern und Emily Roock.

Normalerweise arbeitet Shohreh Karimian eher im Hintergrund und sorgt dafür, dass alles läuft. Sie steht selten im Mittelpunkt oder sogar vor der Kamera. Bei ihrem Vortrag im Rahmen des „Germanistik im Beruf”-Workshops ist ihr das aber nicht anzumerken. Gekonnt erklärt sie ihre Aufgaben und ihre Arbeit bei der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, bevor sie auf ihr eigenes Projekt eingeht. Auch das eine oder andere Private fließt in ihr Referat mit ein.

Karimian hat Anglistik und Islamwissenschaften in Köln studiert und absolvierte danach das Masterstudium „Near and Middle Eastern Studies“ in London. “Meine Hoffnung, durch den Abschluss an der international renommierten School of Oriental and African Studies (SOAS), University of London bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben, erfüllte sich leider erst einmal nicht“, sagt Karimian. Deshalb arbeitete sie zunächst in verschiedenen Redaktionen, wie zum Beispiel der Qantara-Redaktion der Deutschen Welle, und sammelte Erfahrungen in der Projektbegleitung, bevor sie als Angestellte im öffentlichen Dienst Referentin der bpb wurde.

Zielgruppenorientiert via YouTube und Instagram

Im Fachbereich „Zielgruppenspezifische Angebote“ ist Karimian seit 2019 zuständig für die Konzeption, Steuerung und Durchführung von Bewegtbild-Projekten. „Wir versuchen, mit Webvideos politisch zu bilden“, bringt sie ihre Tätigkeit auf den Punkt. Ein wichtiges Aufgabenfeld für sie als studierte Islamwissenschaftlerin ist die Extremismusprävention. Immer geht es dabei um die Frage, welche Themen relevant sind und zielgruppenspezifisch aufbereitet werden sollen. Unter anderem kooperiert Karimian mit unterschiedlichen Influencer:innen und Vereinen. In Zusammenarbeit mit dem Wiener Verein für Gewalt- und Extremismusprävention (Turn) entstehen so die zweite, dritte und vierte Staffel des Projekts „Jamal al Khatib – Mein Weg!“. Einen aus dieser Arbeit entstandenen Clip führt sie vor, um ganz konkret zu veranschaulichen, wie junge Menschen angesprochen werden, die Gefahr laufen, von extremistischen Botschaften beeinflusst zu werden.

„Wie nachhaltig unsere Projekte sind, kann man natürlich nicht so genau sagen“, gibt Karimian zu. “Wir bemühen uns, die richtigen Leute zu erreichen! Das bedeutet, wir müssen auf allen relevanten Plattformen vertreten sein, um islamistischen Extremismus entgegenzuwirken.“

Germanistische Kompetenzen sind gefragt

Zu Karimians Arbeitsalltag gehört es auch, parlamentarische Anfragen und Presseanfragen zu beantworten. “Hier kommt es darauf an, präzise zu formulieren. Eine Kompetenz, die auch Germanist:innen mitbringen”, sagt sie mit Blick auf den Workshop. Eine Schreibkompetenz, die vor allem dann zum Tragen kommt, wenn E-Mails eine arbeitsintensivere Antwort erfordern: “Insbesondere Anfragen aus dem politischen Raum können sehr umfangreich und anspruchsvoll sein und ihre Beantwortung kann es dann auch erfordern, die Projektarbeit für einige Zeit hintan zu stellen ” 

Es sei aber wichtig, diese E-Mails seriös zu beantworten, da die bpb zu Parteilosigkeit und Transparenz verpflichtet ist. Dennoch kann es passieren, dass sich deshalb andere Projekte, wie zum Beispiel die Produktion von Videoclips, verzögern. Dann sind Flexibilität und Kreativität gefragt. “Wichtig ist es dabei aber nur, einen kühlen Kopf zu bewahren.” 


“Wir schaffen ein Bewusstsein für Demokratie!”: Vier Fragen an Shohreh Karimian

Shohreh Karimian stellt das Projekt “Jamal al-Khatib – Mein Weg!” vor (Foto: Carsten Vogel).

Von Leopold Stoye.

Wie sind Sie zur Bundeszentrale für politische Bildung gekommen?

Shohreh Karimian: Auf die Stellenausschreibung bin ich durch die Webseite der bpb aufmerksam geworden. Bis die Einladung zum Bewerbungsgespräch kam, hat es lange gedauert. Über die Zusage habe ich mich dann sehr gefreut, obwohl ich wusste, dass ich zunächst zwischen Düsseldorf und Bonn pendeln muss. Das war stressig, weil ich damals schon Mutter zweier Kinder war.Aber ich wollte schon immer einen Job, in dem ich auf einer wissenschaftlichen Grundlage politische Bildung vermitteln kann.

Auf welche Themen konzentriert sich die Bundeszentrale?

Shohreh Karimian: Als untergeordnete Behörde des Innenministeriums konzentrieren wir uns vor allem auf politische Themen in Deutschland, auch wenn sich innenpolitische und außenpolitische Themen nicht immer voneinander trennen lassen. Allgemein geht es vor allem darum, ein Bewusstsein für demokratische Prozesse zu schaffen und zu fördern.

Wie gewährleisten Sie, politisch neutral zu informieren?

Shohreh Karimian: Grundlage unserer Arbeit ist das Prinzip des sogenannten Beutelsbacher Konsens’. Dieser besagt unter anderem, dass Schüler:innen multiperspektivisch informiert werden und sich selbst eine politische Meinung bilden sollen. Auch bei unseren Publikationen arbeiten wir mit diesem Prinzip.

Sie wurden im Iran geboren. Wie und wann lernten Sie die deutsche Sprache?

Shohreh Karimian: Ich habe meine ersten elf Lebensjahre im Iran verbracht. Deshalb hatte ich natürlich entsprechende sprachliche Schwierigkeiten, als ich nach Deutschland kam. Es war für mich jedoch von Beginn an wichtig, mich intensiv mit Sprache zu beschäftigen, und so kam ich auch zu einem Sprachstudium. Für meine Tätigkeit bei der bpb spielt die Tatsache, dass ich die deutsche Sprache erst spät erlernt habe, eine große Rolle, weil ich dadurch über eine besondere Perspektive auf aktuelle Herausforderungen verfüge.