Mehrsprachigkeit als Türöffner: Johanna Hinz über das Unterrichten von Fremdsprachen

Von Johanna Glowacki und Maike Frischemeier.
Die Redewendung, dass das Leben eine Reise ist, trifft auf Johanna Hinz in besonderer Weise zu. Hinz ist Lernberaterin und Gründerin von Calearndar. Ihre internationale Route, die durch zahlreiche Praktika, Auslandsaufenthalte und Zusatzqualifikationen führt, beginnt in Polen. „Wenn man schon mal den Fuß in der Tür einer Organisation hat, ist es oft nicht schwer, beruflich weiterzukommen“, sagt Hinz lächelnd und mit einem Armreif in den Händen spielend. Dass dieser Satz stimmt, beweisen die vielen Projekte bei unterschiedlichen Organisationen, die ihren Werdegang ausmachen und ihre Leidenschaft für das Lehren und Lernen demonstrieren.
Hinz berichtet im Rahmen des Workshops „Germanistik im Beruf“ mit einer Präsentation von ihrem Weg, der sie über Deutschland, die Niederlande und Island auch immer wieder zurück in die Heimat führt. Hinz ist in Polen geboren – die polnische Kultur und Sprache ist Bestandteil ihrer Identität und zum beruflichen Türöffner geworden. „Mehrsprachigkeit ist ein Teil von mir. Ich habe das Gefühl, dass mich die Leidenschaft für Sprachen schon seit meiner Kindheit begleitet“, sagt sie augenzwinkernd und gibt den Armreif mit der letzten Silbe in die andere Hand.
Einstieg in die DaF-Welt und Rückkehr nach Polen
Die Arme vor dem Körper zusammengeführt, wechselt sie zur nächsten Folie. Nach dem Abitur im niedersächsischen Bad Bentheim schließt sich ein Magisterstudium der Literaturwissenschaft sowie der Allgemeinen und Vergleichenden Sprachwissenschaft an der Universität Osnabrück an. „Im letzten Studienjahr habe ich angefangen, Deutsch als Fremdsprache (DaF) in den Niederlanden zu unterrichten”, sagt Hinz. „Das war ein wunderbarer Einstieg in die DaF-Welt. Auch wenn es oft herausfordernd war – in den DaF-Kursen war von Sprachanfänger:innen bis fortgeschrittenen Sprecher:innen alles dabei.”
Dabei hat ihr die Teilnahme am Zertifikatskurs „Methodik und Didaktik – Deutsch als Fremsprache/Deutsch als Zweitsprache” sehr geholfen, der von der Universität Kassel in Kooperation mit dem Goethe-Institut als Fernstudienkurs angeboten wurde. Das Wissen und die Kompetenzen, die sie dort erworben hat, kann sie bei mehreren Stationen ihrer Laufbahn gut gebrauchen. Außerdem kehrt Hinz oft für Weiterbildungen nach Polen zurück. „Ich bin gerne in meinem Geburtsland. Dadurch bleibe ich auch mit meiner Erstsprache vertraut.” Organisatorisch und finanziell wird sie während ihrer Aufenthalte durch verschiedene Stipendien unterstützt, unter anderem von Erasmus+.
Von der Sprachassistenz zum Lektorat
2010, drei Jahre nach ihrem Magistra-Abschluss, tritt Hinz in Polen eine Sprachassistenz beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) an. Der DAAD ist die weltweit größte Förderorganisation für internationalen Austausch zwischen Universitäten. An der Adam Mickiewicz Universität in Poznań unterrichtet sie deutsche Grammatik. Auch für Aussprachetraining und für Gespräche über Literatur ist sie zuständig. „Drei Jahre später habe ich die Chance bekommen, als Lektorin beim DAAD am Germanistischen Institut der Universität von Zielona Góra – das ist ebenfalls in Polen – zu arbeiten“, sagt Hinz. Im Vergleich zu ihrer Tätigkeit als Sprachassistentin sind ihre Tätigkeiten jetzt sehr viel abwechslungsreicher: Hinz organisiert Lehrveranstaltungen zur Literatur- und Sprachwissenschaft, lehrt Didaktik zur Fremdsprachenmittlung und stellt Prüfungsaufgaben. „Man ist immer auch eine Art Botschafter in seinem Ort”, hebt Hinz hervor. Denn das Wahrnehmen administrativer Aufgaben und die Kontaktpflege zu deutschen Kulturmittelorganisationen ist ein Bestandteil ihrer Arbeit beim DAAD. „Es braucht Offenheit, Optimismus und Diplomatie im Gespräch, interkulturelle Sensibilität und Empathie”, fasst sie das Berufsprofil für das Lektorat zusammen. „Das Studium der Sprach- und Literaturwissenschaft hat mir dabei sehr geholfen.“

Berufsqualifizierende Sprachwissenschaft
Hinz’ Lernreise hat so viele Etappen, dass Praktika wie beispielsweise am Max-Planck-Institut in Nijmegen oder an der Universität in Reykjavík, aber auch Tätigkeiten an den Unis Osnabrück und Münster beinahe wie Randnotizen erscheinen. Dabei steht die Sprache immer im Zentrum. Neben Polnisch und Deutsch als Erstsprachen beherrscht Hinz Englisch und Niederländisch und hat aus eigenem Interesse einen Anfängerkurs für Chinesisch in Shanghai belegt. Im Jahr 2022 stellt sie außerdem an der TU Dortmund ihre sprachwissenschaftliche Dissertation fertig, in der sie sich im weitesten Sinne mit Morphologie im Unterricht auseinandersetzt. Eine Fortbildung zum Lern-Coach am Institut für Bildungscoaching bildet die Grundlage für Hinz’ jüngstes Projekt, die Gründung des Calearndar-Verlages. Hier entwickelt sie einen Kalender, der Freizeit und Lernen mit hilfreichen Tipps verbindet.
Einerseits machen Johanna Hinz’ berufliche Schwerpunkte deutlich, dass das Studium der Sprachwissenschaft für viele Berufsfelder qualifiziert. Andererseits zeigt ihr Lebenslauf, wie wichtig es ist, neue Kontakte zu knüpfen – und das sogar über Ländergrenzen hinaus. „Mein Weg war nicht unbedingt linear”, sagt Hinz, immer noch mit dem Armreif in den Händen. „Das hat auch damit zu tun, dass sich viele Türen für mich von selbst geöffnet haben.”
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