Wissenschaft gleich Uni – Uni gleich Wissenschaft?
Von Wiebke Isabel Wahler.
Wie kann ich nach meiner Promotion in der Wissenschaft arbeiten, wenn ich nicht an der Universität forschen möchte? Mit dieser Frage hat sich der Workshop “Germanistik im Beruf” auseinandergesetzt. Eingeladen waren Leonie Windt und Iuditha Balint, die von ihrem jeweiligen Werdegang erzählten. Beide haben eine Philologie studiert, promoviert, und dann “Wissenschaft” zu ihrem Beruf gemacht – Windt als universitäre Wissenschaftsmanagerin und Balint als Direktorin des Fritz-Hüser-Instituts. Das Besondere: Dem ‚wilden Hasard‘, wie Max Weber einst die Unwägbarkeiten der Universitätslaufbahn umschrieben hat, sind beide entkommen.
Obwohl beide Frauen eigentlich über dasselbe Thema sprechen, sind weitere Gemeinsamkeiten dann erstmal nicht mehr auszumachen, und das nicht nur inhaltlich: Windt erzählt systematisch über ihre Tätigkeit und ihren Werdegang, Balint stellt persönliche Episoden ihres Berufslebens in den Vordergrund und verliert dabei fast die Zeit aus den Augen. Beide Vorträge verdeutlichen, dass eine wissenschaftliche Laufbahn nicht in Forschung und Lehre an der Uni münden muss, sondern sich auch andere Wege finden lassen.
An der Schnittstelle von Forschung und Verwaltung
Leonie Windt beginnt schon während ihres Studiums, sich fürs Wissenschaftsmanagement zu interessieren. Dabei bemerkt sie, dass die Koordinationsaufgaben an der Universität nicht allein von Wissenschaftler:innen nebenher erledigt werden können, sondern ein eigenes Tätigkeitsfeld darstellen, das eine professionelle Herangehensweise erfordert.
Nach einem Auslandssemester und während ihrer Promotion entscheidet sich Windt dann endgültig gegen eine wissenschaftliche Laufbahn an der Uni. „Im Laufe der Zeit habe ich gemerkt, dass das Koordinieren mir besser liegt und mehr Spaß macht“, erzählt sie heute. „Außerdem bietet mir die Arbeit im Wissenschaftsmanagement einfach mehr finanzielle Sicherheit.“ Deshalb arbeitet sie heute an der Schnittstelle von Forschung und Verwaltung an der Universität Osnabrück, wo sie Promovierenden qualifizierte Unterstützung und Beratung anbietet. Dabei kommt ihr die eigene Promotion zugute: „Um im Wissenschaftsmanagement kompetent zu sein, ist ein wissenschaftlicher Background nötig.“
Plädoyer für die außeruniversitäre Forschung
Einen anderen Weg schlug Iuditha Balint ein. Nach ihrer Promotion entschied sie sich dagegen, weiter als Post-Doc an der Universität Essen-Duisburg zu bleiben. „Mein Arbeitspensum dort ging nämlich weit über die vereinbarten Tätigkeiten hinaus.” Trotz dieser ernüchternden Erfahrung wollte sie der Forschung nicht den Rücken kehren. Tatsächlich war direkt eine ihrer ersten Bewerbungen erfolgreich: Heute ist Balint Direktorin des Fritz-Hüser-Instituts für Literatur und Kultur in der Arbeitswelt (FHI), das unter anderem mit Publikationen, Konferenzen und seinem Archiv zur Literatur der Arbeitswelt einen Beitrag zur literaturwissenschaftlichen Forschung leistet. „Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie das FHI gibt es mehr, als man vielleicht erwartet!“, betont Balint – und hat auf Nachfrage sofort eine ganze Liste parat.
So unterschiedlich kann das laufen: Windt ist an der Universität tätig, ohne selbst zu forschen. Balint dagegen forscht, aber nicht an der Universität. Während Windt sich schon früh in diese Richtung orientierte, wurde Balint erst später auf außeruniversitäre Institutionen aufmerksam. Beide wollen heute jedoch sowohl ihr Philologiestudium als auch ihre Promotion nicht missen. „Dadurch haben wir eine stattliche Zahl an Kompetenzen erworben”, sagt Windt. Balint fügt hinzu: ”Und wir wissen beide genau, was Sprache zu tun vermag.“ Wissenschaft bedeutet also nicht zwangsläufig, an der Uni beschäftigt zu sein, genauso wenig wie die universitäre Laufbahn gleichzeitig mit Forschung einhergehen muss. Dafür sind Iuditha Balint und Leonie Windt beste Beispiele.
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