Das schwere Spiel mit der Sprache: Karosh Taha über ihre Arbeit als Romanautorin

Karosh Taha gewährt Einblicke in ihr Leben als freischaffende Romanautorin (Foto: Carsten Vogel).

Von Mona Eilers.

Sie erhielt den Hohenemser Literaturpreis, das Heinrich-Heine-Stipendium und den Förderpreis des Landes NRW; zuletzt wurde ihr die renommierte Alfred-Döblin-Medaille verliehen. Karosh Taha hat in ihrer jungen Karriere einen Raketenstart hingelegt. Im Workshop „Germanistik im Beruf” gewährt sie Einblick in ihr Leben als freischaffende Romanautorin und erzählt von ihren ersten Erfahrungen im Literaturbetrieb. Denn: Als Newcomerin hatte sie wohl ebenso wenige Vorkenntnisse wie die Studierenden, die ihr gespannt zuhören.  


“Nach meinem Referendariat habe ich Englisch und Geschichte an einem Essener Gymnasium unterrichtet”, berichtet Taha. Sie spricht frei und blickt nur gelegentlich auf die Notizen auf ihrem Smartphone. “In erster Linie wollte ich immer Schriftstellerin werden. Die Arbeit an der Schule war für mich nur ein Brotjob. Deshalb hat mir ein Bekannter empfohlen, die ersten 80 Seiten, die ich geschrieben hatte, an zwei Agenturen zu schicken.” Ein Schritt, der folgenreich war: Bald darauf, im Jahr 2018, erscheint ihr Debütroman Beschreibung einer Krabbenwanderung im Kölner DuMont Verlag. Der Roman erhielt überwiegend positive Kritiken, zahlreiche Lesungen und Interviews schlossen sich an. “Der Erfolg meines Romans war eine gute Erfahrung, aber er kam für mich auch sehr überraschend. In manchen Dingen war ich sehr blauäugig. Einmal bin ich für eine Lesung den weiten Weg von Essen nach München gefahren – und das für nur 180 Euro!” Ein Deal, über den sie heute den Kopf schüttelt. Trotz allem waren das Entscheidungen, aus denen sie rückblickend lehrreiche Erfahrungen ziehen konnte. Und Erfahrungen und Kontakte seien das A und O, um sich im Literaturbetrieb zu etablieren.


 “Geld ist das Hauptproblem in diesem Beruf”


An ihrem zweiten Roman Im Bauch der Königin, der 2020 ebenfalls im DuMont Verlag erscheint, arbeitet sie bereits als freischaffende Autorin. Von der finanziellen Absicherung durch das Lehramt ist sie nicht länger abhängig – obwohl sie gerne unterrichtet hat. „Dass ich von meinem Schreiben leben kann, ist krasser Luxus”, stellt Taha fest. “Ohne Brotjob kommen die wenigsten meiner Kolleg*innen aus.” Jetzt hat sie zwar mehr Zeit zum Schreiben, muss aber mit der finanziellen Unsicherheit zurechtkommen. Doch ohne Texte kein Bewerbungsmaterial für Stipendien und ohne Stipendien kein Geld – das sei eben der schwierige Alltag der Selbstständigkeit.


Oft fällt auch der Umgang mit Kritiker*innen nicht ganz leicht: Weil die Figuren Sanaa, Amal, Shahira und Rafiq heißen und in Hochhaussiedlungen wohnen, werden Tahas Romane immer wieder als „Migrant*innenliteratur“ abgestempelt oder gleich mit Tahas Lebenslauf in Verbindung gebracht. Mit zehn Jahren zog sie aus dem Irak nach Deutschland, ihre Muttersprache ist Kurdisch. Doch Taha widerstrebt ein solches Schubladendenken. Weder sind ihre Romane autobiografisch angelegt, noch verfolgt sie eine bestimmte literarische oder politische Agenda.  


Auf der Suche nach einer neuen literarischen Sprache


Zu Schreiben bedeutet für Taha nicht einfach nur, Geschichten zu erzählen. Ihre Arbeit kreist vor allem um die Sprache: “Ich frage mich, wie man Sprache anders denken kann. Wie man sie biegen und brechen kann.” Mit jedem Buch fordert sie die Sprache aufs Neue heraus. Im Augenblick ist ihr dritter Roman in Planung. Dafür tauscht sie die Hochhaussiedlungen gegen nationale Geheimdienste. “Im Mittelpunkt soll der Mythos um einen Doppelgänger des irakischen Diktators Saddam Hussein stehen. Dabei verwebe ich Sprache mit Macht und Gewalt.” Ein Vorhaben, das zeigt, wie schwer das Spiel mit Sprache sein kann. Zufrieden ist Taha erst, wenn ihre Romane unterschiedlich klingen oder sich sogar widersprechen: „Bücher schreiben bedeutet zu zeigen, was Sprache alles kann.”

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